Carbid Watches CW Taifun Test

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Die CW Taifun macht den Anfang. Die Maschinenbauingenieure Lars Thalmann und Konstantin Müller haben eine neue Uhrenmarke gegründet, die ihre Liebe zu Werkstoffen und Mechanik verkörpert. Ob das ambitionierte Vorhaben gelingt und wie sich der erste Zeitmesser schlägt, lest ihr im folgenden Beitrag…

Noch eine Taucheruhr?

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Die gibt es da draußen doch schon wie Sand am Meer. Täglich kommen neue hinzu und genauso schnell, wie sie auf der Bildfläche erschienen sind, verschwinden sie auch wieder von eben dieser. Kein Wunder; nach über 70 Jahren Taucheruhren-Geschichte müsste doch eigentlich jede Geschichte auserzählt, jedes Design gezeichnet und jede Technik umgesetzt worden sein, oder?

Falsch gelegen. Seit knapp 3 Jahren arbeiten zwei Metaller und Maschinenbauingenieure an ihrem Traum der eigenen Marke. Der Weg zum Ziel hat 2022 mit der Fertigstellung des Erstlingswerkes seinen (vorläufigen) Höhepunkt gefunden. Carbid Watches, so lautet der ungewöhnliche Name des Microbrands aus Xanten, gegründet von Lars Thalmann und Konstantin Müller. Das Duo begegnete sich zum ersten Mal in einer Lerngruppe ihres Maschinenbaustudiums. Beide lieben Uhren und vor allem deren Konstruktion sowie Materialien.

Den Maschinenbau in den Genen

Photo © 2023 by WATCHDAVID® David Drilling – All rights reserved

Zwischen all den traditionellen Familiennamen und Fantasiewörtern fällt der Name Carbid Watches auf und bleibt im Gedächtnis hängen. Die Karbide oder Carbide sind eine Stoffgruppe, deren Verbindungen sich aus einem Element und Kohlenstoff zusammensetzen. Dazu zählen unter anderem auch diverse metallische Verbindungen, beispielsweise Edelstahl. Edelstahl setzt sich aus Eisen (Fe) und Kohlenstoff (C) zusammen. Logisch, dass die erste Uhr von Carbid Watches den Edelstahl ins Zentrum stellt. Hier verschmelzen die Affinität für Uhren und die Leidenschaft für Werkstoffe.

Gerade letztere kommt Lars Thalmann und Konstantin Müller bei der Fertigung ihrer Armbanduhren zugute. Trotzdem – 2023 muss niemand mehr in die 6. Generation einer Uhrmacher-Dynastie hineingeboren werden, um eine eigene Uhr herzustellen – sofern man weiß, was man will. Wie heutzutage üblich, greift Carbid Watches über den gesamten Entwicklungsprozess auf die Hilfe externer Unternehmen und Experten zurück. Ihr sogenannter Uhrenmanager sitzt in Norddeutschland. Lediglich das Uhrwerk, ein ETA 2824 oder Sellita SW200 (Qualitätsstufe Top) kommt aus der Schweiz.

Preise nenne ich für gewöhnlich immer ganz am Schluss eines Uhren-Tests. Dass eine Micro-Brand einen Preis von unter 2000 Euro aufruft, ist entweder ambitioniert oder realitätsfern. In jedem Fall braucht es Erklärungsbedarf. Lohnt sich ein Kauf bei den Newcomern oder investiert man das Geld doch lieber bei den etablierten Namen? Was macht die CW Taifun genannte Uhr so besonders? Und gelingt Carbid Watches allein über die Fertigung seines Modells ein Alleinstellungsmerkmal? Das will ich beantworten.

Auf die Präsentation kommt es an

Carbid Watches Taifun — Photo © 2023 by WATCHDAVID® David Drilling – All rights reserved

Ich wüsste nicht, wann ich schon einmal so eine große Verpackung gesehen habe, diverse limitierte Editionen mal ausgenommen. Die Aufmachung gefällt mir gut. Im Deckel der Box befindet sich der Schriftzug „MEINE ZEIT. MEIN WEG. MEIN MEILENSTEIN.“, der für das Gefühl steht, dass der Kunde empfinden soll, wenn er die Uhr am Handgelenk trägt. Zur Uhr liefert Carbid Watches einen Uhrenhalter mit, dessen Standfuß per CNC-Fräse und Lasercutter hergestellt wird. Trägt man seine Taifun nicht, kann man sie auf der Uhrenspange aus eloxiertem Aluminium, Edelstahl und Samt platzieren – und das mit verschiedenen Neigungswinkeln. Der Edelstahl der Spange selbst ist so dünn, dass ihr sie biegen könnt, um sie optimal an eure Armbandlänge anzupassen. Ein gelungenes Gimmick, das ich so noch nicht gesehen habe. Nicht fehlen dürfen zudem eine Garantiekarte, das Echtheitszertifikat und ein Booklet.

Am Handgelenk überzeugt die Taucheruhr mit einem moderaten Gehäusedurchmesser von 42,50 Millimeter, der jedem steht, egal welchen Umfang das eigene Handgelenk besitzt.

So geht innovativer Gehäusebau

Das Edelstahlgehäuse ist das Herz der neuen Taifun. Hier merkt man den beiden Uhren-Neulingen ihren Background als Metaller spürbar an. Experten im Edelstahldesign und Engineering – schön und gut. Aber kann man mit einem Edelstahlgehäuse auch Uhrenveteranen heute noch begeistern? Ja, das geht. Lars Thalmann und Konstantin Müller haben das Gehäuse zwar von einem Profi fertigen lassen, ihm dafür jedoch ein fertiges Konstruktionskonzept vorgelegt. Das ist bei Gründern einer Uhrenmarke alles andere als selbstverständlich. Für das Gehäuse der Taifun verwendet Carbid Watches hochlegierten 316L Edelstahl der höchsten Qualitätsstufe. Damit wäre der Grundstein für eine lange Lebensdauer gelegt. Die Oberflächen sind aufwendig und mit viel Liebe zum Detail gestaltet worden. Polierte und satinierte Oberflächen wechseln sich ab. Das ist der Beweis: selbst nach über 100 Jahren können Uhrenmarken noch auf neue Ideen kommen.

Ähnlich verhält es sich mit der Lünette, dem unangefochtenen Eyecatcher der Taucheruhr. Sie sticht durch ihre einzigartige Drällfräsung ins Auge, bei dem sich die Einkerbungen in Drehrichtung der Lünette neigen. Die Macher hinter Carbid Watches geben sich betont sachlich, wenn es um das originelle Design des Gehäuseelements geht. Eine Marktanalyse habe gezeigt, dass es so etwas auf dem Uhrenmarkt noch nicht gebe. Die Drällfräsung wird an den Seiten der Krone wiederaufgegriffen. Es scheint, als würden Lünette und Krone wie zwei Zahnräder ineinandergreifen. Dass die Wahl auf eine Drällfräsung fiel, bringt im Alltag weitere Vorteile mit sich. Vor einem Tauchgangs genießt der Taucher mehr Grip – eine gezieltere Feinjustierung der Lünette wird möglich. Das gilt insbesondere, wenn man Handschuhe trägt.

Weitere Details der CW Taifun

Doch es gibt noch weitere Eigenschaften, die mich vom Gehäuse überzeugen. Um noch mehr Eckdaten zu nennen: Sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite wurde Saphirglas verbaut. Entspiegeltes Saphirglas garantiert optimale Ablesbarkeit und schützt vor ärgerlichen Microkratzern, die eine Armbanduhr im Alltag sammelt. Wer mit der CW Taifun auf anspruchsvollere Tauchgänge gehen möchte, kann das bedenkenlos tun. Carbid Watches garantiert eine Wasserdichtigkeit bin zu einem Druck von 30 bar. Auch wenn kaum ein Mensch jemals in solche Tiefen gelangen wird, ist die Wasserdichtigkeit eine beeindruckende Kennzahl, die viel über die Qualität des Gehäuses aussagt.

Über das dreigliedrige Armband aus Edelstahl möchte ich nicht allzu viele Worte verlieren. Die Qualität stimmt, der Tragekomfort ist sehr gut.

Was die CW Taifun antreibt

Jede CW Taifun wird komplett in Deutschland fertiggestellt. Eine Ausnahme bilden die Automatikwerke, die aus der Schweiz geliefert werden. Carbid Watches verbaut sowohl den ETA Klassiker 2824-2, als auch das baugleiche Sellita SW 200-1. Qualitätsunterschiede gibt es keine. Seitdem ETA‘s Patent im Jahr 2003 auslief, haben verschiedene Hersteller das Erfolgskaliber nachgebaut, allen voran Sellita. Egal, ob im Inneren der neuen Taifun nun ein Automatikwerk von ETA oder Sellita arbeitet – an der Gangreserve von soliden 38 Stunden gibt es nichts zu meckern. Ebenso wenig an der Qualitätsstufe (Top), die auf die hohe Ganggenauigkeit hinweist. Wenn man Kritik äußern möchte, dann könnte man anführen, dass weder das ETA noch das Sellita-Werk ein Alleinstellungsmerkmal ist. Das 2824-2/SW 200-1 ist so etwas wie der VW Golf unter den Uhrwerken. Immer verlässlich, leistungsstark aber nicht unbedingt etwas Besonderes.

Für die persönliche Note haben Lars Thalmann und Konstantin Müller dennoch gesorgt. Den Rotor ziert das CW-Logo mit zusätzlichem Design.

Das Zifferblatt

Während die Lünette bei den aktuellen CW Taifun-Exemplaren in schwarz gehalten ist, besitzt der Kunde beim Zifferblatt Entscheidungsspielraum und darf zwischen einem schwarzen und blauen Zifferblatt wählen. Besonders gelungen finde ich den edlen Sonnenschliff. Weitere Farben sind geplant. Das Design des Zifferblattes wirkt nur auf den ersten Blick traditionell. Bei genauerem Hinsehen ist das „Gesicht der Uhr“ eine weitere Seite der Taifun, die mit viel Liebe zum Detail und Hang zum Unkonventionellen begeistert. Schaut euch den skelettierten Stundenzeiger an! Hier trifft man auch wieder auf die geschwungene, rote Raute, die Teil des Sanduhr-Logos ist und nun freistehend auf dem Sekundenzeiger sitzt. Minuten-, Sekunden- und Stundenzeiger sind wie auch die Indizes des Zifferblattes und der Lünette mit SuperLuminova-BGW9-Leuchtmasse gefüllt. Bei schlechten Sichtverhältnissen verbessert sie die Ablesbarkeit, die aber ohnehin schon erstklassig ist.

Mein Fazit zur CW Taifun

Die allererste Uhr einer Marke ist meiner Ansicht nach die wichtigste. Sie steht vor der schwierigen Aufgabe, die Markenidentität perfekt zu verkörpern. Im Test beweist die CW Taifun, dass ihre Schöpfer von Beginn an klare Vorstellungen gehabt haben müssen, wie das Endprodukt aussehen soll. Den Schwerpunkt legen sie eindeutig auf die Gehäusekonstruktion, die die CW Taifun zu einer einzigartigen Taucheruhr macht. Durch die Bank überzeugt die Uhr mit viel Liebe zum Detail und beweist, dass man selbst heute noch Taucheruhren bauen kann, die alles andere als generisch sind. Im ersten Moment mag das so scheinen. Doch schon die einzigartige Lünette und die rote Raute belehren eines Besseren.

Dass Carbid Watches mit seiner Premierenuhr fernab von Billigmarken im Premiumsegment einzuordnen ist, steht außer Frage. Der Preis von unter 2000 Euro mag auf den ersten Blick selbstbewusst erscheinen. In meinen Augen ist er angesichts der gebotenen Qualität jedoch gerechtfertigt.

Im nächsten Schritt gilt es, diese Vorzüge den Kunden nahezubringen. Wenn es nach den Gründern geht, soll Carbid Watches jedoch keine typische Premium-/Luxusmarke werden. Leistung statt Prestige – das ist das Motto. Damit die Taifun kein One-Hit-Wonder wird, sind bereits weitere Uhren in Planung. Ich bin gespannt, wohin die Reise geht. Die Vorzeichen könnten nicht besser stehen.

Den Link zum Shop findet ihr im Folgenden.